kunstraum_sumpfhahn_raumkunst
* sumpfhahn * Aktivitäten * Künstler Der Sumpfhahn besteht aus drei Räumen (Plan/Info), einem größerem Ausstellungsraum, einer Küche und einem Badezimmer. Anzumerken ist, dass dies eine unzulängliche Beschreibung ist. Ebenso wie der Ausstellungsraum nicht bloß als Galerie dient, ist auch die Küche nicht einfach ein Raum, in dem gekocht wird. Gewohnte Funktionalitäten werden erweitert, indem zum einen Funktionalität umgedeutet, verfremdet oder in einen anderen Kontext gestellt wird, und zum anderen Raum und Aktivitäten, die im Raum stattfinden, öffentlich gemacht werden, denn alle Räume sind von der Strasse, vom Gehsteig aus vollkommen einsehbar. So steht die Toilette direkt im Schaufenster, was nach gewohnten Verhaltensmustern natürlich irritiert, und auch die Dusche ist vom Gehsteig aus zu sehen. Neue Räume entstehen dadurch, indem vermeintlich Banales in den öffentlichen Raum gestellt wird. Denn Kunst im Sinne des Sumpfhahnes ist holistische Expression. Die Prozesse, die Vorgänge selbst, die zu Kunstschaffen führen, sind schon Teil des Ganzen, und insofern dokumentationswürdig. Reflexion auf Bestehendes scheint nur dann ergiebig zu sein, wenn reine, statische Objekthaftigkeit zu artifiziellen Prozessen geführt wird, das Objekt schließlich als multidimensionales Feld wahrgenommen wird. Dass das System nicht in sich selbst geschlossen ist, dauernde Erweiterung und Transformation erfährt, versteht sich von selbst. So wird Raum zum Objekt und Objekt zu Raum. |
Room_art als eigene Kunstform zu bezeichnen, könnte man wohl als unangebracht ansehen, nichts desto weniger erhebt sie den Anspruch auf Exklusivität. Mag für andere der Raum, wo künstlerische Prozesse passieren, nicht von sonderlicher Bedeutung sein, hier wird dem Raum schon per se die Bedeutung einer für die weitere künstlerische Aktivität entscheidende Prämisse zugestanden. Die Wahl des Raumes entspricht in etwa der Wahl des settings, man schafft oder sucht sich als KünstlerIn bewusst eigenen Raum, schafft Platz für die eigentliche künstlerische Arbeit, strukturiert Arbeitsprozesse im Vorfeld, was nicht minder wichtig anzusehen ist als der reine Produktionsvorgang. So kann auch die Beschreibung der einzelnen Räume nur eine unvollständige sein, die sich mit den Aktivitäten der darin agierenden KünstlerInnen verändern respektive an Komplexität gewinnen wird. |
Ausstellungsraum : |
In diesem Raum präsentieren die eingeladenen KünstlerInnen ihre Arbeit, was – im Sinne des Sumpfhahn - auch die Interaktion zwischen dem Publikum und den KünstlerInnen miteinschließt. Eben nicht nur als reiner Galerie- oder Performanceraum konzipiert, sondern als Raum, wo Kunst als nicht abgeschlossenes System fungieren kann. Die Spielregeln, wie Kunst öffentlich gemacht wird, mag von Aktion zu Aktion, von KünstlerIn zu KünstlerIn unterschiedlich sein, an direkter Konfrontation und aktivem Partizipieren jedoch kommen weder die KünstlerInnen noch das Publikum vorbei. |
Küche : |
Jede/r wird zustimmen, dass Kochen ein äußerst kreativer, künstlerischer Akt sein kann, und viele KünstlerInnen haben auch schon den Akt des Kochens als Kunstform erhoben, entweder separiert von ihrem eigentlichen künstlerischen Schaffen oder eingebunden in ihr künstlerisches Tun. Die Küche wird dann als Raum empfunden, wo alle Sinne angesprochen werden, wo Kunst und künstlerisches Schaffen insofern als lebendig empfunden werden kann, weil sie ihrer hehren musealen Bedeutung enthoben ist. In der Küche als Kunstraum können Leib und Seele gewissermaßen vereint materielle und geistige Eindrücke aufnehmen.Kunst als sinnlicher Gesamtreflexionsprozeß. Mehr zu kitchen_art ist unter http://prestressed-concrete.mur.at zu erfahren. |
Badezimmer : |
Im Raum befindet sich eine Toilette und eine Dusche. Für die Toilette respektive den Raum, in dem sie sich befindet, gibt es eine Unmenge an Bezeichnungen: Toilette [von französisch toile 'Tuch'], Klo(sett) [von französisch Closet], 00 [die Hotels des 19.Jahrhunderts besaßen meist Etagenklos, und da die Nummerierungen für die Zimmer vergeben waren, erhielten die Toilettenräume die Ziffer 0 bzw. 00], WC [von englisch water closet], Lokus [von lateinisch locus necessitatis, Ort der Notdurft], Latrine, Abtritt, Abort, stilles Örtchen und natürlich auch eine ebenso große Menge an Vulgärbezeichnungen. Als eines von vielen Beispielen, wie wenig unbefangen Menschen mit der unvermeidlichen Benutzung von Toiletten umgehen, soll der Umstand dienen, dass sich in japanischen Toiletten häufig ein Otohime, ein kleiner Lautsprecher befindet, der die Körpergeräusche übertönen soll. [In heimischen Toiletten übernimmt diese Aufgabe ein über einen Lautsprecher plärrendes Radio.] Italienische Toiletten verfügen oft über ein Gebläse, das Körpergerüche beseitigen soll. Krankhaftes Verhalten diesbezüglich nennt man Paruresis und Ryphophobie [Angst vor dem Urinieren und dem Stuhlgang in öffentlichen Toiletten]. Latrinenparolen wiederum sind Gerüchte, die auf Gesprächen in der Toilette beruhen. Das Wort stammt aus der Soldatensprache, da sich an der dortigen Latrine alle Mannschaftsgrade zur gemeinsamen Entleerung trafen. Gut ausgebaute Abortanlagen gab es bereits um 2800 v.u.Z. in Mesopotamien, in den Städten des Altertums mündeten die Abflüsse in die großen Abwasserkanäle, die sogenannten Kloaken. War in Rom allerdings die Toilette noch ein beliebter Treffpunkt, wurde der Gang auf die Toilette im Laufe der Zeit zusehends tabuisiert. Im Mittelalter gab es Toiletten in Form von Nischen und Erkern (Abtritterker), oft führten einfach nur Bodenöffnungen ins Freie. 1775 erhielt Alexander Cummings das Patent für seine Ausführung eines Wasserklosetts. In Deutschland wurde die erste Toilette mit Wasserspülung 1860 im Schloss Ehrenburg installiert, sie wurde damals für Queen Victoria eigens aus England importiert. Als Schutzpatron der Latrinenreiniger gilt Papst Julius I. Die Kulturgeschichte der Toilette ist also nicht bloß der Weg von der Entleerung menschlicher Exkremente hin zur sanitären Hochkultur, sondern läßt Rückschlüsse auf den Entwicklungsstand und die Moralvorstellungen der jeweiligen Gesellschaft zu. So hat auch dieser Sumpfhahn_Raum nicht bloß die Funktion, die ihm normalerweise zugestanden wird. Bewußte Umwertung von Räumen und Objekten vermag künstlerische Prozesse in Gang setzen und neuen Raum erschaffen. |